Teil 4: Die Gewinner sind Facebook, Twitter, Youtube

Social Network Facebook

Die aktuellen Gewinner in Österreich: Facebook, Youtube – und Twitter

Facebook The Winner takes it all.

2004 wurde Facebook von Mark Zuckerberg gegründet; hervorgegangen war Facebook aus “Facemash”, einer Art “Hot-or-not”-Seite für die Studierende der Harvard Universität. Ziel der Seite war es, das Netzwerken der Neulinge an der Universität leichter zu machen und von jedem Studenten die Basis Infos zu kennen: Was studiert er oder sie, was interessiert ihn oder sie, wie sehen die Studierenden aus Aussehen – und wie ist eigentlich deren Beziehungsstatus? Nach Harvard durften die Studierenden von Stanford Facebook nutzen und noch im Jahr 2004 erreichte Facebook seine erste Million User (Statistia, 2013). Mittlerweile bietet die Plattform Funktionen wie Gruppen, Social Intranet (“Facebook for Work), Brand Pages für Firmen/Organisationen uvm. Im Herbst 2016 hat Facebook 1,79 Milliarden monatlich aktive User (MAU) und 1,2 Milliarden täglich aktive User (DAU) und ist damit das Social Media Service mit den meisten und auch aktivsten Usern der Welt (Facebook Company Newsroom).

Das ist kein Zufall, so wird der “Growth Manager” von Facebook, Chamath Palihapitiya, folgendermaßen zitiert: “It’s f***ing land-grab time, so get all of the f***ing land you can get (Johns, 2014).“

Dabei spielen einige Faktoren zusammen, um den Erfolg von Facebook zu erklären:

  1. Effizientere Prozesse, ersichtlich z.B. an der “Growth Strategy”. So war eine der weltweite Rollout der Website in allen Sprachen. Mit einer “Crowdsourcing”-App erledigten die User die Übersetzungen für Facebook in Rekordgeschwindigkeit.
  2. Die Offenheit der Plattform. Facebook öffnete seine Programmierschnittstellen (API) für alle lockte damit viele Game- und Appentwickler an. Social Games und Facebook profitieren lange Zeit voneinander: Facebook bekam aktive User und weiters Webtraffic. Ähnlich “offen” verhielt sich Facebook auch hinsichtlich Datenschutz. Der “Friendfinder” von Facebook glich Email-Adressbücher mit Facebook-Datenbanken ab, auch Gmail, Yahoo, Yandex oder Gmx-Emailkonten.
  3. Das Produkt. Ein Beispiel für Facebooks Innovationen im Bereich der Produktentwicklung ist der 2006 eingeführte News Feed (Sanghvi, 2006). Dieser zeigt jedem User auf seiner Timeline, was seine Freunde gerade liken, posten, kommentieren; ebenso die Facebook Seiten und Gruppen, die er abonniert hat. So bekommt jeder User auf ihn zugeschnittene Infos und Entertainment und Facebook schaffte es zur Plattform mit den höchsten täglichen/monatlichen Aktivitäten.
  4. Auch bei Businesskunden ist Facebook mittlerweile gut etabliert. Dank der hohen Useranzahl, Verweildauer und Reichweite hat die Plattform per se einen sehr guten Ausgangspunkt. Mit seinem Werbeformen und der Möglichkeit, nicht nur nach demographischen Kriterien, sondern auch basierend auf “behavioral data” Werbezielgruppen zu definieren, hat Facebook ein weitgehend konkurrenzloses Produkt geschaffen.

Hierzulande verlief die Facebook Entwicklung ab 2006 ähnlich rasant, den seitem konnten sich User aus Österreich auch ohne ZIP Code oder Uni-Matrikelnummer bei Facebook anmelden. Innerhalb weniger Monate beginnt sich Facebook auch in Österreich rapide zu verbreiten und den Platzhirschen StudiVZ, Netlog und Myspace Konkurrenz zu machen. Ein Blick auf die österr. Userzahlen im Verlauf:

 

Monat Anzahl Ö User
2008 78 200
2009 301 880
Februar 2010 1 702 420
Februar 2011 2 380 000
Februar 2012 2 800 000


Ende 2016 sind es 3,8 Millionen aktive User in Österreich für Facebook.

Spätestens seit 2011 war klar, dass Facebook nahezu alle regionalen Social Media Plattformen ersetzen wird. Nun konzentriert sich die Facebook Inc. darauf, die Augen nach einem “disruptiven” Angreifer im Blick zu behalten und seine Vormachtstellung laufend mit Akquisitionen und Neuentwicklungen abzusichern. Viele Entwicklungen kommen aus der milliardenschweren R&D-Abteilung von Facebook; anderes wird akquiriert, vor allem, wenn es Facebook gefährlich werden könnte, wie z.B. die Fotocommunity Instagram.

Instagram (2012)

Die native Mobile App Instagram hat eine aktive Community von 600 Millionen Usern weltweit (Statistia, 2017). Instagram ist das Hochglanz-Magazin unter den Social Media Plattformen, eine Foto-App, bei der sich alles um Essen, Design, Mode und Fitness dreht. Das perfekte (Werbe)-Umfeld für Consumer Brands. Für Facebooks Shareholder Value ist es essentiell, Mobile Ads ausspielen zu können und aktive mobile User vorzuweisen – Instagram erfüllt diesen Anspruch perfekt.

Im Dezember 2016 mit einer Million österreichischen Accounts (tägliche Reichweite 730.000 User). In vielen Ländern ist Instagram das zweitgrößte Social Network – nach Facebook (Cosenza, 2016).

WhatsApp (2014)

Einer österreichischen Befragung unter Smartphone-Usern ist WhatsApp die bevorzugte App für Kommunikation; noch vor Facebook: sieben von zehn Smartphone Usern (Der Standard, 9. August 2016) nutzen das Service. Und sind damit ebenfalls im Facebook-Universum gelandet, seit Facebook die App 2014 für 16 Milliarden Dollar gekauft hat. Besondere Bedeutung aber im Facebook Portfolio hat WhatsApp, weil es eine sehr hohe Reichweite in den wachsenden Märkten wie Brasilien, Südafrika, Mexiko oder Indonesien (Bushey, 2014) aufweisen kann und man so an User-Daten für zukünftiges Growth & Market Development kommt. Wie genau man die Plattform monetarisiert – und ob – wird man 2017 vieleicht sehen.

Facebook Messenger

WhatsApp, WeChat in Europa, Threema, Viber und Signal – mit zunehmender Smartphone-Nutzung und Verfügbarkeit von günstigen mobilen Datenpaketen gewinnen ab 2011 auch die die Instant Messenger Apps stark an Bedeutung. Facebook beginnt ab August 2011 den Facebook Messenger  in den Appstores zu etablieren und die “Private Nachrichten”-Funktion in der Facebook Desktop Version durch die App zu ersetzen. “Adults don’t download apps anymore” erklärt David Marcus, Produktmanager von Messenger Services den Hintergrund des “Market Push”. Seit 2016 gibt es einen Bot-Store für den Facebook Messenger, man geht davon aus, dass Bots viele Apps ersetzen werden und der Messenger ein multifunktionales Anwendungssystem am Smartphone wird.

Wie geht es weiter mit Facebook? Facebook CEO Mark Zuckerberg hat bereits Einblicke in seine Vision gegeben, die einen Blick in die Zukunft ermöglichen:
“One of our goals for the next 5 to 10 years is to basically get better than human level at all of the primary human senses; vision, hearing, language, general cognition.” (McCracken, 2015)

In diesem Kontext ist auch die Akquisition der Virtual Reality Firma “Oculus Rift” 2014 zu sehen.

Agenda Setting und Beauty Contests via Facebook

Seit dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2008, den Barack Obama auch dank einer starken Online-Kampagne gewonnen hat, war für Medien und Politik klar: Social Media wird in Zukunft für Kampagnen eine große Rolle spielen.Unter den ersten österreichischen Politikern, die Social Media für sich nutzten waren z.B. MEP Hannes Swoboda auf Twitter (April 2009)und Heinz-Christian Strache auf Facebook. Letzter hat es mit Facebook-Einträgen auf seinem Profil erstmals im Sommer 2009 in die Medien geschafft, hier noch mit einem privaten Thema (Die Presse, 2009).

Wenige Monate später weist Strache in seiner Aschermittwochsrede 2010 darauf hin: „Ich habe 25.000 Fans und Freunde auf Facebook“ (News, 2010) – und vergleicht sich dem damaligen Bundeskanzler Werner Faymann, der deutlich weniger Freunde hatte. Dies animierte auch eine der ersten Facebook-Intitativen gegen Strache (“Kann dieser seelenlose Ziegelstein mehr Freunde haben als H.C. Strache?/ Die Presse, 2010)” Bis ca. 2013 hatte der Ziegelstein mehr Freunde, mittlerweile ist der FPÖ-Obmann bei 530.000 Facebook Fans angekommen. Die Facebook- bzw. Social-Media-Kanäle der FPÖ sind ein wesentlicher Bestandteil der FPÖ-Kommunikationsstrategie und wurden im Laufe der Jahre professionalisiert. Mittlerweile ist die Facebook Seite ausschlaggebend für unzählige kleine oder mittlere Skandale und steht permanent im Interesse der Journalisten, die regelmäßig Postings von Strache, Kommentare von Usern auf seiner Seite oder die Zusammensetzung der Fans, der Kommentare sowie Frequenz und Ausmaß der Kommentarmoderation analysieren. Das Beispiel zeigt, wie es Facebook über den Content seiner User in die klassischen Medien schaffte und dadurch mehr User gewann, sowohl für die eigenen Plattform als auch für H.C. Strache. Dieses Wechselspiel zeichnet die erfolgreichen Social Media Plattformen aus und wird auch als “Viralität” bezeichnet.

Twitter

Ein SMS-Service zur Kommunikation mit Freunden war der ursprüngliche Plan der Twittergründer zum Launch 2006. Doch Twitter wurde von den Usern anders genutzt als vom Unternehmen geplant und noch heute ist man auf der Suche nach einer einfachen Beschreibung des Services: Mal war es ein Microblogging-Dienst, derzeit wird oft “Social News Service” verwendet.

Anfang 2017 hat Twitter dennoch weltweit 313 Millionen “MAUs”, „Monthly active users“, die harte Währung der Social Media Plattformen, an denen sich Investoren und Shareholder orientieren. Laut Twitter Vermarkter “httpool” gibt es im Jänner 2017 430.000 monatlich aktive Twitter-User in Österreich; das sind 1,7 Prozent der österreichischen Internetuser (Stand: Q1/2017, aus einer httpool Unternehmenspräsentation).  Des weiteren sind Twitter User in Österreich zu 60% männlich, und überwiegend zwischen 16 und 44 Jahre alt.

Mit 1,7 Prozent Reichweite unter den österreichischen Internetusern ist man weit weg von der Reichweite von Facebook oder Youtube, offensichtlich wird Twitter also nur von einer eingeschränkten Zielgruppe genutzt. Nach einem Blick auf das Ranking des “Social Media Radar” bekommt auf den ersten 20 Plätzen fast ausschließlich JournalistInnen und Politiker.
Dennoch bzw. gerade dadurch ist die Existenz von Twitter und auch zumindest in der medialen Berichterstattung aus naheliegenden Gründen sehr präsent: Twitter ist zu einem Public Chat der österreichischen Innenpolitik- und Medienbranchen geworden, wird gezielt zum Platzieren von Aussagen und Agenda Setting benutzt und ist deshalb auch permanent in den klassischen Medien präsent – und daher auch von Bedeutung für die österreichische Meinungsbildung.

Auf Platz eins im Ranking, mit den meisten aktiven österreichischen Followern, hält sich seit Jahren ORF-Moderator und Zeit-im-Bild-Chefredakteur Armin Wolf. Als er 2009 startete, waren auf Twitter geschätzt einige Tausend Österreicher registriert. Durch Armin Wolf zeigte sich einmal mehr die Funktionsweise des durch die Popularität von Wolf kamen neue User zu Twitter hinzu.Doch Österreich scheint kein leichtes Terrain für Twitter zu sein; nicht mal der österreichische Fußballstar David Alaba schaffte es, die Neuregistrierungen signifikant nach oben zu treiben; auch nicht die Aktivität der User.

Aus einem Sample von 148 261 österreichischen Twitter Accounts im Jahr 2016, deren Aktivitäten über die Twitter-Datenschnittstelle ausgelesen wurden, waren nur 76.722 aktive Accounts.

Youtube

Das Video Sharing Service wurde im Februar 2005 gelauncht und im im November 2006 von google gekauft. Youtube bietet Video-Hosting und Streaming in Echtzeit, im Web – mit der Besonderheit, dass User sich erstmals keine Software zum Abspielen des Videos auf einer Website installieren mussten. Die Kernfunktion von Youtube als Social Media Plattform liegt im Bereich des User Generated Contents, dennoch wurde und wird versucht, auch den Vernetzungsaspekt abzubilden und auch zu etablieren.

Das Anlegen von Userprofilen dient aber vor allem der Personalisierung der Inhalte nach den Vorlieben des Users (besseres Anpassen der Empfehlungen durch Algorithmen, Verwaltung von Playlists, individuelle Alerts und Digests, Abonnements). Mit zunehmender Professionalisierung und Etablierung von eigens auf Youtube angepassten Formaten (meist Video Blogs, Tutorials, Comedies) geht es immer mehr um die Vernetzung der Contentproduzenten mit ihrer Audience, den Channel-Abonnenten. Hier hat sich in den letzten Jahren ein eigener Industriezweig herausgebildet und professionalisiert, die sogenannten “YouTuber”. YouTube profitiert davon, mit diesen Contentproduzenten unterschiedlicher Genres, von “Let’s Playern” (die über Games berichten), Comedy- und Beauty- sowie Personality-Bloggern als Content Creator zusammen zu arbeiten, diese zu fördern und ihnen eine Anteil an den Werbeanteilen ihrer Kanäle auszubezahlen.
Seit 2013 gibt es mit youtube.at auch die Möglichkeit in Österreich an dem Partnerprogramm von YouTube teilzunehmen. Dieses verlangt von einem Contentproduzenten, dass er in gewissem Ausmaß (mehrfach die Woche) Content produziert und veröffentlicht, an dem der Produzent alle Rechte (Musik, Bild) hat. Dafür bekommt der fortan als „Youtuber“ aktive Produzent einen an der Reichweite seiner Videos bemessenen Anteil an der Werbung, die YouTube über diesen Content ausspielen kann. Nicht zuletzt bewirbt und pusht die Plattform auch ihre Contentproduzenten (z.B. in der Empfehlung bei “die besten Videos“). Weltweit hatte YouTube 2013 eine Milliarde Besucher pro Monat.

Die Profession der “Youtuber” ist seitdem bei vielen Kindern und Jugendlichen ein Berufswunsch geworden – Youtube bindet offensichtlich eine sehr junge Zielgruppe, die in Youtube das Kinder- und Jugendprogramm ihrer Generation sieht, nachdem TV-Sender diese Zielgruppe kaum mehr bedienen. Bei den Auftritten von YouTubern wie “die Lochis” (oe24.at, 2017), “Bibi” (Heute.at, 2017) oder auch des einen oder andere “Let’s players” (Der Standard, 2015) in Österreich zeigte sich auf jeden Fall sehr klar, wie groß das Publikum der neuen Stars ist – und auch wie jung.

Für YouTube in Österreich werden keine regelmäßigen Zahlen veröffentlicht, einen Richtwert bietet eine Aussage von Google Österreich Agency Partner Peter Rathmayr, der erzählt, man würde im “relevanten Segment von 18 bis 44 Jahren bis zu drei Viertel aller Österreicher mindestens einmal im Monat” erreichen, wobei “(…) Mobile mehr als 50 Prozent der Views ausmacht.” (Mondel, 2016) Die demografische Zielgruppe der Unter-30-Jährigen ist in den USA übrigens schon leichter über YouTube zu erreichen, als über KabelTV (McAlone, 2016). Diese Entwicklung dürfte im deutschsprachigen Raum ähnlich sein, denn mittlerweile sind auch Fernsehsender in die Vermarktung der “YouTuber” eingestiegen. (Puls4 z.B. oder ProSiebensat1).

Ein Ranking der erfolgreichsten österreichischen Youtube-Channels zeigt, wie stark die „professionellen“ YouTuber mittlerweile auch in Österreich Reichweite bzw. Abonnenten gewinnen: Neben dem Unternehmenskanal von Red Bull auf Platz eins findet man auf Platz zwei „KSFreak“ mit 30 Millionen Video Views in den letzten 30 Tagen (Stand Jänner 2017) – und knapp zwei Millionen Subscribern seines Video Channels. Man vergleich dazu den ORF und seine TVthek im 1. Halbjahr 2016: 32,7 Millionen Video Views und 1,07 Millionen Usern durchschnittlich im Monat.

Das war der vierte Teil der Mediengeschichte.

So geht’s weiter:

Teil 1: Social Media in Österreich. Eine Mediengeschichte mit Begriffsdefinition und dem ersten österreichische Vorläufer Blackbox
Teil 2: Fokus auf Vernetzung und die Gründerjahre in den 2000ern
Teil 3: Österreichische Versuch: Uboot.com, Tripwolf, Soup.io, Sankt Onlein sowie ATV und ORF
Teil 5: Wie konnte sich Social Media in Österreich etablieren? Wieviel Einfluss auf die Meinungsbildung und politische Kommunikation haben sie und warum?
Teil 6: Bibliographie

Fußnoten

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